„we are what we eat?“ or „we are how we eat“

bild von Arthur Braunstein

 

zahllose rezepte werden tag für tag geteilt, mittlerweile nicht nur mündlich, auf notizzetteln und in kochbüchern, sondern auf blogs und in sozialen medien verlinkt, mit tags versehen und auf seo optimierten websites. 
in den kampf ums beste suchmaschinenranking hochgeladen, mit passender musik und besten filtern versehen für den ultimativen dopaminkick arrangiert.


irgendwann dachte ich: warum kann ich mich nicht ansatzweise dazu motivieren, stundenlang am richtigen zeitpunkt, an der richtigen häufigkeit, der optimalen uhrzeit und den besten strategien zu tüfteln? und dann stellte ich mit erleichterung fest, das bin ich nicht. „vielleicht gehe ich dann unter in dieser neuen welt?“, spricht eine angst mit mir. nevermind, ich bleibe lieber in meiner welt und zum glück bin ich da nicht alleine, sondern es finden sich immer mehr, für die sich das ähnlich anfühlt. 

ich träume gross, von einer verbundenen welt, in der dinge sein sollen, wenn sie sein sollen, in der es nicht nur ein maßstab gibt, in der es magie und wundergibt. in der die menschen verstehen, dass das was sie erleben ein wunder ist und das staunen zurück in das erleben kommen darf.

den teig zu kneten, basilikumduft glückseligkeit, wunderschön geformte fenchelknollen, das intensive aroma von kardamom, heisses butterschmalz und die verwandlung von altem briochebrot in knusprige und innen weiche pofesen … 

und deshalb möchte ich gerne schreiben über das wie der nahrungsaufnahme.
menschen suchen auf vielfältigen wegen nach verbundenheit, nach nährenden erlebnissen, nach lebendigkeit, nach trost  … oft auch verzweifelt und in einem kontext der sucht. sucht ist immer ein lösungsversuch.  wer sich auf den wegmacht und die vielfältigen schichten an programmierung und „vorgeschriebenen“ verhaltensweisen, an dissoziatiion, an ausgeklammerten gefühlen, insbesondersscham und schuld, beleuchtet, mit bewusstwein durchdringt, wird bemerken, dass wir kollektiv bei nahrung sehr viel über das was nachdenken, viel weniger aber über das wie. wenn es uns gelingt als kollektiv, sucht als suche und lösungsversuch anzuerkennen und sie aus dem stigma der schambehaftetheit zu erlösen, ist ein grosses hindernis zu einem leben in freiheit aus dem weg geschafft.


ganz gross wirtschaftet auch die industrie der superfoods, der nahrungsergänzungsmittel, der unendlichen möglichkeiten, sich zu optimieren, bestmöglich zu schützen und zu entgiften. „welcome to orthorexia heaven!“ es ist verlockend, der stimme zu folgen, die dir sagt: „nein, du bist nicht gut genug!“. ich selbst verwende cremes, tabletten und pulverchen. ich liebe sie und erforsche sie, aber ich möchte freiheit, keine religion.

wohl durch meine lebensgeschichte habe ich eine grosse sehnsucht danach, gemeinsam an einem tisch zu sitzen und tief einzutauchen in das ritual der nahrungsaufnahme, nach verbundenheit mit den anderen und mit der nahrung, nach geborgenheit im erleben.

natürlich war viel davon verdeckt durch das erleben von dem genauen gegenteil. streitgespräche bei tisch, die unfähigkeit zu verdauen, unachtsamkeit, überforderung durch multitasking, unverbundenheit.
momente unter kirschblüten, meine yogapraxis, meine suche nach tiefe und lösung haben mich auf diesen weg geführt und mich auch dazu gebracht,

kochen zu einer essentiellen lebensaufgabe zu machen.

die liebe zu nahrung sehe ich da in einem viel grösseren zusammenhang. sie ist „heilig“.
sie verbindet uns in einem kreislauf mit unserer erde. teile dieses kreislaufsklammern wir gerne aus und finden dann vielleicht moderne, aber eher kurzsichtige, abgetrennte wege, um sie anders zu improvisieren …


woher kommen die lebensmittel?

wer hat sie mit welcher intention und welchen möglichkeiten in kooperation mit unserer erde und mit echten sonnenstrahlen und vielen anderen einflüssenangebaut oder grossgezogen?
welchen weg haben sie zurückgelegt?

ich muss auch nichts ausklammern, auch nicht fastfood vor einem screen. aber wie fühlt es sich an?

auch ein relativ seelenloses genetisch modifiziertes gemüse, das vielleicht auch weder sonnenlicht noch erdverbundenheit erleben durfte, hat eine daseinsberechtigung. sonst wäre es wohl nicht auf unseren tischen gelandet … und selbst eine solche tomate kann man manchmal liebevoll wiederbeleben ; ).

wer hat gekocht, in welchem gemütszustand und wie eingebunden oder nicht?

wie bewusst nehme ich das nahrungsmittel wahr?

wann empfinde ich fülle, genährt sein? welche mahlzeit lässt mich leer zurück?

was schmecke ich? welche gerüche und nuancen sind da?

wie fühlt sich die nahrung in meinem bauch an?

kann ich vielleicht sogar spüren, wie die energie in meinen körperkreislauf leben hineinbringt?

bist du da oder in gedanken oder versucht dir „nigel“, etwas weisszumachen?wenn du bemerkst, dass du in gedanken versunken bist, feiere es als moment, in dem du die möglichkeit hast, ins hier und jetzt zurückzukommen.  

wie fühlt sich dein körper an?
wie ist die atmosphäre und der raum? wer isst mit dir?

was siehst du? was schmeckst du? welche nuancen, texturen sind da? welcheerinnerungen entlockt dir das essen?

hinter jeder dieser fragen verbirgt sich eine spannende reise nach innen und in die verbindung.

 

zu diesen themen plane ich schon länger food events. ich wünsche mir, dass bald die zeit reif ist, diese auf die welt zu bringen.


unter anderem danke für die inspiration zu diesem text meiner Familie, Romana Delberg, Voy Ki Tea und Daniela Wolff. merci beaucoup!